Nicht überall ist Heimat, manchmal gibt es eine kleine Heimat, das leise Daheim

Wenn ich von Lienz Richtung Felbertauern fahre, könnte ich bei Huben links abbiegen. Dann bekäme ich in etwa fünfundvierzig Minuten auf einem Bergbauernhof in Hopfgarten einen Kaffee, ein Stück Kuchen oder wenn ich möchte, auch ein Bier. Als ich zum ersten Mal dort war, war ich gerade 23 Jahre alt, hatte rote Haare und trug mit Leidenschaft unförmige Jeans. Trotzdem waren die Leute auf dem Hof freundlich zu mir, luden mich zum Mitessen ein und meinten, ich könne sie duzen. Sie sind meine Schwiegereltern geworden, am Anfang war ich wohl so etwas wie ein optischer Schock für sie. Doch wir fanden zueinander, jetzt sind sie schon lange tot. Die junge Familie dort oben am Hof ist auch schon in die Jahre gekommen, ich könnte mit ihnen die Kindheit meiner Kinder und die der ihren teilen. Erinnerungen sind das Bindeglied zu den Menschen, wir teilen sie, egal wie alt wir werden. Ich kenne auch Menschen, mit denen ich zwar Zeit verbrachte, aber keine Erinnerungen teile, wo ein Ort nie zu einem Daheim wurde. „Du bist immer willkommen hier bei uns.“ Das sagten mir damals nach der Scheidung die Leute vom Hof und das gilt für mich und meine Kinder bis heute. So leicht kann es sein, mit einer Trennung nicht alles zu verlieren. Und jetzt werde ich einfach links abbiegen.

Verhaltensänderungen wollen gelernt und ausgehalten werden

Es ist einfach passiert. Ich bekam Fieber. Das war übrigens kein tolles Erlebnis, ein wenig fremd, wie abheben und dann fliegen. Eine der letzten Zeilen, die ich vor dem Einschlafen las war eine Titelzeile: Mühlviertler von Hai getötet. Davon habe ich dann geträumt, vom Hai meine ich. Ich kenne keinen Hai persönlich, über Hunde kann ich schon etwas sagen und über Katzen sowieso, aber Haie sind mir fremde Tiere und das sollen sie auch bleiben: Daher habe ich nie „Der weiße Hai“ gesehen, den Film finde ich einfach gruselig und Leute mit zu vielen Zähnen im Gesicht erinnern mich immer an diesen Film, den ich nie gesehen habe. Als ich aus meinem Hai-Kampf-Traum erwachte, suchte ich erneut die Schlagzeile unter meinem Bett: Der Mühlviertler war in Südafrika getötet worden, nicht im Mühlviertel. Dort gibt es nämlich keine Haie! Warum hieß die Zeile dann aber nicht: Österreicher von Hai getötet?  Oder gar Europäer? Viele Menschen sprechen völlig undifferenziert von „Afrika“, ganz so als wäre Afrika ein Land, ganz ohne Einzelstaaten. Na ja, ich nehme mir Zeit, um über Heimat nachzudenken. Übrigens: Ich bin und bleibe in mir drinnen Osttirolerin und das ist kein Mix aus Kärntnerin und Tirolerin.